DIE ANGEBOTSKALKULATION - WAS BIETER BEI PREISFINDUNG BEACHTEN SOLLTEN
Der Preis spielt in fast jeder Ausschreibung eine entscheidende Rolle. Bis zum Ablauf der Bindefrist ist jeder Bieter an das Angebot gebunden und verpflichtet, den Auftrag bei Zuschlagserhalt zu dem angegebenen Preis zu übernehmen - egal, ob dieser auskömmlich ist oder nicht.
Umso wichtiger ist es, dass man bei der Angebotskalkulation alles richtig macht und auch bei komplexeren Anforderungen stets den Überblick behält. Im DTAD Magazinbeitrag weisen wir auf häufige Fehler bei der Kalkulation von Preisen und geben Tipps, wie sie diese umgehen.
Nimmt man sich eine beliebige Ausschreibung und blickt auf das Preisblatt, könnte man denken, dass nichts so einfach zu leisten ist wie die Angabe eines Preises bei einer Ausschreibung. In aller Regel ist das Blatt oder die Datei, in der Sie Preise eintragen, recht übersichtlich und kumuliert meist in einem Netto- oder Brutto-Gesamtpreis, der seitens Vergabestelle zur Angebotswertung herangezogen wird. Hinter dieser einfachen Gesamtpreis-Zahl verbergen sich aber nicht nur alle einzelnen, im Preisblatt transparent aufgelisteten Posten, sondern auch die Summe aller kostenverbundenen individuellen Anforderungen: vom Leistungsverzeichnis bis zu den Zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB).
Einer der häufigsten Fehler bei der Preiskalkulation ist daher, nicht alle Posten in der Kalkulation zu berücksichtigen. Nach Auftragserteilung kann es so zu schwerwiegenden finanziellen Herausforderungen kommen:
Fehler #1 der Angebotskalkulation: Ein nicht auskömmlicher Preis
Im Rahmen Ihres Angebotes schulden Sie dem Auftraggeber all das, was in der Leistungsbeschreibung, den weiteren Unterlagen und in Ihrem Angebot steht.
Für eine ordentliche Angebotskalkulation ist es damit essenziell, jede Leistungsanforderung daraufhin zu überprüfen, ob sie Kosten aufwerfen, die an den Auftraggeber weitergegeben werden müssen.
Das können in den Besonderen Vertragsbedingungen (BVB) versteckte Anforderungen sein wie etwa die kostenlose Beseitigung von Verpackungsmüll, aber auch Aufwendungen wie für die Gestellung eines Vorführwagens im Fahrzeugbereich oder für regelmäßige Abstimmungstermine im Rahmen von Projektarbeit im IT-Bereich.
Unser Tipp
Da die Summe der einzelnen Anforderungen große Auswirkungen auf die Gesamtkalkulation hat, raten wir Ihnen, alle kostenauslösenden Faktoren in den Vergabeunterlagen gesondert zu markieren. Das erstreckt sich ausdrücklich auch auf die Bieterkommunikation, da sich ein Großteil der Bieterfragen und -antworten um kalkulatorische Themen dreht.
Vor der Zusammenstellung der Gesamtkalkulation sammeln Sie alle entsprechend markierten Punkte noch einmal und überprüfen, ob diese auch alle in Ihrer Kalkulation berücksichtigt sind.
Ein Praxis-Beispiel
Das technische Hilfswerk (THW) schreibt die Lieferung von 500 Sicherheitsanzügen aus. Die Vergabe erfolgt von einer Sektion aus Thailand, da diese Einheit des THW dort zurzeit in einem Katastrophenschutz-Einsatz stationiert ist. Das Preisblatt ist eine sehr detaillierte Bietermatrix, die den Anschein erweckt, dass jedes Detail bepreist werden kann und alle Einzelposten in einem Gesamtpreis pro Anzug kumulieren. In den Zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB) steht, dass die Anlieferung der Ware frei Haus erfolgt und der Erfüllungsort der Standort des Nutzers ist.
Ein Bieter überliest diesen Passus in den ZVB und unterlässt es, die Anlieferungskosten in sein Angebot einzukalkulieren. Naturgemäß wird sein Angebot als günstigstes Angebot bezuschlagt. Der Bieter muss den Auftrag ausführen, auch wenn dieser durch die hohen Anlieferungskosten nach Thailand nicht auskömmlich ist.
Fehler #2 der Angebotskalkulation: Fehlende Bieterkommunikation bei Unklarheiten
Sie haben alle relevanten Posten in Ihr Angebot einkalkuliert. Ein weiterer Bieter tut dies jedoch nicht und gewinnt trotz eines nicht auskömmlichen Preises den Auftrag. Ihnen entgeht die Auftragschance. Um dem entgegenzuwirken, sollten Sie frühzeitig mit der Bieterkommunikation bei Unklarheiten starten.
Denn im Bereich kalkulationsrelevanter Leistungsanforderungen ist es durchaus sinnvoll, aktiv an einer gewissen Transparenz zu arbeiten.
Nicht umsonst widmen sich die meisten Bieterfragen den Aspekten, die sich auf den Preis auswirken.
Gerade die Posten, die relativ versteckt in den Unterlagen enthalten sind, dennoch große Auswirkungen auf den Gesamtpreis haben, sollten über eine Bieterfrage in den Fokus aller Bieter gerückt werden.
So vorteilhaft es ist, bei konzeptionellen Dingen wie etwa benötigten Ortskenntnissen über mehr Detailwissen als die Mitbewerbenden zu verfügen, so sehr kann sich dies im Bereich der Preiskalkulation zum eigenen Nachteil auswirken. Besonders ärgerlich ist es, wenn die Konkurrenz eine Ausschreibung nur deshalb gewinnt, weil sie einen versteckten Posten für die Kalkulation übersieht, und es ihr dennoch gelingt, den Auftrag mittels Nachforderungen attraktiv zu gestalten.
Unser Tipp
Stellen Sie zu solchen Posten vorsichtshalber eine präzisierende Nachfrage, die im skizzierten Fall wie folgt aussehen kann:
Ein Praxis-Beispiel
„Guten Tag, … den Zusätzlichen Vertragsbedingungen ist unter Punkt xy zu entnehmen, dass die Lieferung der Ware frei Haus und an den Erfüllungsort des Auftraggebers zu erfolgen hat. Müssen wir demzufolge davon ausgehen, dass Transport und Lieferung der 500 Sicherheitsanzüge an den THW-Standort in Thailand in das Angebot inkludiert werden müssen? Bitte bestätigen Sie uns dies im Rahmen einer Bieterinformation- ..."
Fehler #3 der Angebotskalkulation: Die Aufnahme von nicht explizit geforderten Leistungen
Vermeiden Sie, Kostenrelevantes in Ihrer Angebotskalkulation aufzunehmen, was nicht eindeutig gefordert ist bzw. keine zusätzlichen Bewertungspunkte bringt.
Wenn Sie beispielsweise eine preisintensivere Produktvariante für Ihr Angebot wählen, weil aus Ihrer Sicht die Behörde besser damit zurechtkommt, ist das kundenorientiert gedacht. Die Behörde kann dies jedoch nicht honorieren, da sie im Vorfeld der Ausschreibung Bewertungskriterien vorgegeben hat und einzig an diesen eine Vergabe-Entscheidung bemessen kann.
Unser Tipp
Selbst wenn Ihnen auf Grund umfassender Marktkenntnis etwas in der Leistungsbeschreibung nicht optimal vorkommt, orientieren Sie sich zunächst weiter an den gestellten Anforderungen. Wenn Sie den Zuschlag erhalten, können Sie den Auftraggeber auf eine Optimierung aufmerksam machen. Sprechen Sie mit dem Auftraggeber über den möglichen Ansatz und zeigen Sie auf, welche Zusatzkosten gegebenenfalls entstehen. Wenn der Betrag weniger als 10 % der Gesamt-Umsatzsumme der (europaweiten) Ausschreibung ausmacht, braucht die Vergabestelle dies nicht auszuschreiben und kann frei mit ihnen verhandeln (§132 Abs. 3 GWB).
Bleiben Sie während der Angebotsphase eng an dem ausgeschriebenen Leistungskatalog, um sich den lukrativen Auftrag zu sichern und nach Auftragserteilung gegebenenfalls nachzuverhandeln.
Mit diesen Hintergrundinformationen ausgestattet, sind Sie gut vorbereitet für Ihre Akquise im öffentlichen Sektor. Sie suchen noch passende öffentliche Aufträge? Lassen Sie sich von der DTAD Plattform unterstützen: