TIPPS, WENN IHR STANDARDPRODUKT VOM LEISTUNGSVERZEICHNIS ABWEICHT
Selbst wenn das Standardprodukt des Bieters bestimmte Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht erfüllt, führt das nicht ohne Weiteres zum Ausschluss dieses Bieters. Es besteht nicht in jedem Fall eine Pflicht des Auftraggebers, zur näheren Aufklärung des Angebots, noch liegt ohne Weiteres eine Änderung der Vergabeunterlagen vor.
Das gilt jedenfalls dann, wenn der Bieter mit seinem Angebot die Einhaltung der Vorgaben des Leistungsverzeichnisses ausdrücklich bestätigt hat und keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Einhaltung dieser Vorgaben per se ausgeschlossen ist. Denn der Auftraggeber dürfe auf das von einem Fachunternehmen mit dem Angebot abgegebene Leistungsversprechen vertrauen, den Auftrag nach den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses auszuführen. Das hat die Vergabekammer des Bundes (VK Bund) im Beschluss vom 22.12.2021 (VK 2-125/21) klargestellt.
Welche Folgen hat es, wenn das Standardprodukt das Leistungsverzeichnis (angeblich) nicht erfüllt?
In dem konkreten Fall ging es um die Vergabe eines Auftrags über die Lieferung und Installation von Laboreinrichtungen im offenen Verfahren. Der Auftrag war Teil der Grundinstandsetzung eines Lehrgebäudes und damit ein nach den Regeln der VOB/A-EU zu behandelnder Bauauftrag. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis.
Der Auftraggeber teilte in der Vorabinformation gemäß § 134 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) mit, dass die spätere Beigeladene den Zuschlag erhalten solle. Ein Konkurrentin, die spätere Antragstellerin, rügte, dass die Beigeladene mit ihren im Standardkatalog geführten Labormöbelprogramm einzelne Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht erfüllen können und deshalb auszuschließen sei.
Der Auftraggeber half der Rüge nicht ab. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Beigeladene mit der Unterschrift unter das Angebot im Formblatt 231H bestätigt habe, dass das Leistungsverzeichnis Vertragsbestandteil und die vorgegebene Leistung zu den angebotenen Preisen erbracht werde. Alle Änderungen der Vergabeunterlagen wie auch die Langfassung des Leistungsverzeichnisses seien ausdrücklich anerkannt worden. Gegen die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene strengte die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren an.
Darf ein Bieter rügen, wenn die Standard-Produktpalette eines Wettbewerbers das Leistungsverzeichnis nicht erfüllt?
Der Nachprüfungsantrag blieb ohne Erfolg. Zwar habe die Antragstellerin keine unzulässige Rüge „ins Blaue" hinein erhoben, entschied die Kammer. Denn es sei nicht spekulativ, wenn ein fachkundiger Bieter wie die Antragstellerin davon ausgehe, dass die Produktpalette der Konkurrenz – die hier zudem allgemein verfügbar sei – zur Grundlage des Angebots gemacht worden sei und dieses daher mutmaßlich dem Leistungsverzeichnis nicht entspreche.
Die Antragstellerin berufe sich damit auf hinreichend konkrete Anknüpfungstatsachen und äußere nicht lediglich spekulative Vermutungen, so die Kammer – auch wenn die Antragstellerin das Angebot der Konkurrentin nicht kennen könne. Der Nachprüfungsantrag sei damit zwar zulässig, aber unbegründet, entschied die Kammer, hatte in der Sache also keinen Erfolg.
Darf der Auftraggeber auf das Versprechen eines Bieters vertrauen, dass sein Angebot die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses erfülle?
Der Auftraggeber habe auf die Rüge der Antragstellerin nicht mit einer Aufklärung des Angebotes der Beigeladenen reagieren müssen. Die Beigeladene habe mit dem von ihr eingereichten Angebotsschreiben das Leistungsverzeichnis als allgemeinverbindlich anerkannt und erklärt, dass die ihr zugegangenen Änderungen der Vergabeunterlagen Gegenstand ihres Angebotes seien. Der Auftraggeber sei vor diesem Hintergrund zu Recht davon ausgegangen, dass die Beigeladene konform mit den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses anbiete und liefern werde.
Es sei bei einer Sachlage wie der gegebenen nicht davon auszugehen, dass ein Bieter den Auftraggeber täuschen und nach Erhalt des Auftrags nicht vertragskonform liefern wolle. Denn die individuelle Anpassung an die konkrete Vorgaben des Leistungsverzeichnisses, die vom Standardprogramm des jeweiligen Herstellers abweichen, seien einem Fachunternehmen jederzeit möglich.
Auch sei zu berücksichtigen, dass dem Bieter sonst die Kündigung des Vertrages drohe und damit Gefahr laufe, für künftige Vergabeverfahren nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 bis 9 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ausgeschlossen werden zu können.
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