DIE MARKTERKUNDUNG: SO BRINGEN SIE SICH BEI VERGABESTELLEN EIN
Schon seit vielen Jahren wird in Fachkreisen diskutiert, wie eng der Austausch zwischen Bieterfirmen und Vergabestellen im Vorfeld einer Ausschreibung sein darf. Auch dem Gesetzgeber ist klar, dass in dieser Ausschreibungsphase viel Spielraum besteht, da die inhaltliche Zusammenarbeit nur wenig rechtlich normiert ist. Mit der 2016 begonnenen Vergaberechtsreform gibt er den Vergabestellen explizit die Möglichkeit, Informationen durch eine Markterkundung einzuholen.
Interessierte Bieterfirmen erhalten damit die Chance, ihre Sichtweise bei der Vergabestelle darzulegen. Unser Tipp: Nutzen Sie die Möglichkeit, wenn Sie eine Anfrage zur Markterkundung erhalten und betrachten Sie dies als Chance für Ihre Vorakquise.
Wenn Vergabestellen den Markt um Unterstützung bitten
Der Zeitraum, in der die Leistungsbeschreibung zusammengestellt wird, ist die Phase, in der sich potenzielle Bieter am ehesten bei den Vergabeanforderungen und Bewertungskriterien einbringen können. Die Vergabestellen können sich abseits des starren vergaberechtlichen Korsetts mit den verschiedenen Anbietern am Markt austauschen und wichtige Informationen von Spezialisten einholen. Die Markterkundung dient damit der Beschaffung von notwendigen Informationen für die Ausschreibung.
Den Vergabestellen ist dabei bewusst, dass die angesprochenen Unternehmen das Thema aus ihrer Sicht betrachten. Auch wissen sie, dass die kontaktierten Experten oftmals fachlich versierter sind, als sie selbst - da Vergabestellen sich bei der Vielfalt der Beschaffungsvorgänge meist nur punktuell mit den jeweiligen Themen auseinandersetzen können.
Aus Sicht der öffentlichen Auftraggeber macht es daher Sinn, vor allem bei größeren Ausschreibungen vorab in Dialog mit Marktteilnehmenden zu treten. Denn nichts ist für die Vergabestelle ärgerlicher, als wenn sie nach Bezuschlagung feststellen muss, dass Anforderungen fehlerhaft definiert wurden und der Bieter für seinen Angebotspreis weniger Leistung schuldet, als erhofft.
Um dem Fall vorzubeugen, steht der Vergabestelle neben der Markterkundung (§ 28 VgV) noch eine weitere Möglichkeit zur Verfügung: Die Vergabestelle kann zusätzlich Unternehmen beauftragen, an der Vorbereitung eines Vergabeverfahrens mitzuwirken (§ 7 VgV).
Wie Sie auf eine Markterkundung richtig reagieren
Plant eine Vergabestelle eine Ausschreibung und benötigt Unterstützung dabei, die beabsichtigte Beschaffung in einem Leistungsverzeichnis zu definieren oder den Auftragswert zu schätzen, ist die Markterkundung ein beliebtes Mittel. Das bedeutet in der Regel, dass sie skizziert, für was genau sie Informationen einholen will und wofür sie einen Vergleichspreis einfordert.
Fast immer beinhalten Markterkundungen die Aufforderung zur Preiseinschätzung. Der Preis dient als Basis für die Einordnung der Beschaffung in die richtigen Verfahrenswege: Mittels der prognostizierten Auftragssumme prüft die Behörde vor Ausschreibung, ob sie mit dem Beschaffungsvolumen über dem Schwellenwert liegt und beispielsweise europaweit ausschreiben muss.
Unser Tipp
Wenn Sie eine Aufforderung zur Preiseinschätzung erhalten, seien Sie eher großzügig in der Kalkulation. Je höher das geschätzte Kostenvolumen, desto wahrscheinlicher wird eine europaweite Ausschreibung. Damit sichern Sie sich umfassendere Rechte als Bieter.
Unterlagen abgeben und nachfassen
Nehmen Sie Markterkundungen ernst - und halten Sie dennoch Ihren Aufwand begrenzt. Denn die Anfrage ist erst einmal unverbindlich.
Gut zu wissen: Die Beschaffungsstelle darf eine Markterkundung nicht an Stelle einer Vergabe machen. Zudem darf sie explizit auch keine Marktabfrage nur zur Einholung von Preisen durchführen (§ 28 Abs. 2 VgV).
Zudem muss einer Markterkundung früher oder später eine Ausschreibung folgen. Es sei denn, die Marktabfrage hat ergeben, dass ein Vorhaben, wie es sich die Vergabestelle vorgestellt hat, nicht realisierbar ist.
Wenn Sie in eine Markterkundung einbezogen werden, empfehlen wir bei Beteiligung entsprechendes Nachfassen. Zwei bis drei Wochen, nachdem Sie Ihre Unterlagen eingereicht haben, sollten Sie sich bei der Vergabestelle über die nächsten Schritte informieren. Bieten Sie ein persönliches Gespräch an, in dem Sie der Vergabestelle einen Lösungsweg aus der komplexen Beschaffungsanforderung aufzeigen wollen. Noch dürfen die Behörden mit Ihnen offen und mündlich kommunizieren. Innerhalb des Vergabeverfahrens ist dies nicht mehr möglich.
Da Behörden nach Auftragserteilung in der Regel länger mit dem bezuschlagten Bieter zusammenarbeiten (ein Anbieterwechsel ist nicht ohne Weiteres möglich), ist ein Vertrauensaufbau im Vorfeld ebenso unterstützend.
Wie eine Markterkundung zum Auftrag führen kann - Ein Praxis-Beispiel
Vor einiger Zeit erhielt ein Unternehmen die Aufforderung eines Stadtwerks, sich im Rahmen einer Markterkundung zu seinen Dienstleistungen zu erklären. Das Stadtwerk forderte 30 Seiten Konzepte und Unterlagen vom möglichen Bieter.
Ein Vertreter des Unternehmens rief bei dem Stadtwerk an und schilderte, dass der Aufwand der Beantwortung nicht im Verhältnis zum Nutzen stehe. Der Vertreter bot stattdessen eine reduzierte Version mit fachlich relevanten Inhalten an. Das Stadtwerk nahm das Angebot an. Zusätzlich fand nach einiger Zeit ein Termin vor Ort zwischen dem Stadtwerk und dem möglichen Bieter statt. Das Stadtwerk teilten im Gespräch mit, dass das Unternehmen das einzige sei, welches auf die Markterkundung reagiert habe. Die Vergabestelle äußerten dabei ihren Dank für die konstruktiven Hinweise.
Circa zehn Monate nach der Markterkundung wurde eine entsprechende Ausschreibung veröffentlicht. Mehrere Angebote gingen ein. Das Unternehmen, welches sich an der Markterkundung beteiligte, erhielt den Zuschlag.
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