UNKLARHEITEN IN DER LEISTUNGSBESCHREIBUNG - IHRE RECHTE ALS BIETER
Sie lesen eine vielversprechende Bekanntmachung zu einer präzise umrissenen Beschaffungsmaßnahme und rufen erfreut die Ausschreibungsunterlagen ab. Nach Erhalt stellen Sie fest, dass doch nicht alles so klar und eindeutig ist, wie die Bekanntmachung vermuten ließ.
- Mit Bieterfragen zur optimalen Angebotserstellung
- So stellen Sie Ihre Bieterfrage
- Wie sich Hartnäckigkeit bei Bieterfragen auszahlt
- Praxis-Beispiel - Wie Bieterfragen Ungenauigkeiten ausräumen
- Das Gebot des Geheimwettbewerbs schützt Ihre Anonymität bei Bieterfragen
- Die Bieterkommunikation schreibt die Vergabeunterlagen fort
- Praxis-Beispiel - Wie Bieterfragen die Leistungsbeschreibung verändern können
Je komplexer der Auftrag, desto länger meist die Verdingungsunterlagen-Pamphlete – ohne dass die Angaben darin unbedingt klarer wären. Regelmäßig bleibt offen, was genau in den Endpreis einzukalkulieren ist oder welche konzeptionellen Vorstellungen der Auftraggeber genau hat. Oft kommt auch die Frage auf, wo genau die Abgrenzung zwischen einzelnen Losen liegt.
Abhilfe schafft die Bieterkommunikation. Was dabei zu beachten ist, sagen wir Ihnen in unserem DTAD Beitrag.
Mit Bieterfragen zur optimalen Angebotserstellung
Sie haben als Bieter einen Anspruch darauf, umfassend über den Gegenstand der Ausschreibung informiert zu werden (§ 121 Abs. 1 GWB). Demzufolge dürfen Sie Fragen zur Leistungsbeschreibung an die Vergabestelle richten und haben Anrecht auf Antwort. Die Klärung muss dabei transparent, gleichbehandelnd und so unzweideutig sein, dass alle Bieter ein gleiches Verständnis von Anforderungen und Auftragsgegenstand haben (§ 97 GWB).
Stellen Sie Ihre Bieterfragen bei Unklarheiten: Solange diese den Zweck verfolgen, der Vergabestelle ein möglichst optimales Angebot zusammenzustellen, profitieren sogar beide Seiten davon. Nutzen Sie somit Ihr Recht, denn jedes fortbestehende Missverständnis führt in der Regel zu einem weniger passgenauen Angebot.
So stellen Sie Ihre Bieterfrage
Das Platzieren einer Bieterfrage ist denkbar einfach und unterliegt keinen speziellen formalen Regelungen. Es gilt jedoch:
Generell müssen das Gebot der Schriftlichkeit gem. §126b BGB beachtet und die geltenden Fristen eingehalten werden.
Richten Sie Ihre Bieterfragen daher per E-Mail an die angegebene Kontaktadresse der Vergabestelle.
Unsere Empfehlung: Es ist es schon vorgekommen, dass die Eingänge der angegebenen E-Mail-Adresse aus Urlaubs- oder Krankheitsgründen länger nicht geprüft wurden. Teils wurden Fragen erst spät oder gar nicht beantwortet. Senden Sie Ihre Frage daher auch per Fax an die Vergabestelle und nutzen Sie alle bekannten (Sammelpostfach-) Adressen der Vergabestelle. Damit gehen Sie sicher, dass Ihre Fragen gelesen und bearbeitet werden.
Wie sich Hartnäckigkeit bei Bieterfragen auszahlt
Es ist nicht immer sichergestellt, dass Sie auch eine erschöpfende und gut formulierte Antwort erhalten. Schon des Öfteren passierte es, dass Vergabestellen kaum auf die Inhalte der Fragen eingingen, in der Hoffnung, dass sich die Themen mit dem Näherrücken der Vergabefrist relativieren. Da Sie aber die Fragen stellen, weil Sie nur bei erschöpfender Beantwortung ein zielführendes Angebot erstellen können, sollten Sie unbedingt hartnäckig bleiben.
Bekommen Sie nur eine knappe oder nicht aussagekräftige Antwort, formulieren Sie den Sachverhalt leicht um und insistieren auf der inhaltlichen Beantwortung. Sollte die Vergabestelle immer noch ausweichend antworten, sollten Sie den Sachverhalt rügen.
Die Vergabestelle ist in dem Fall hinreichend gewarnt und kann davon ausgehen, dass Sie Ihre Rechte als Bieter kennen. In der Regel wandert die Rüge zu den Vorgesetzten der Vergabestelle, die oftmals zügig in Aktion treten und auch unwillige Fachabteilungen anweisen können, sich detailliert mit einer Anfrage auseinanderzusetzen. Oft führt diese Hartnäckigkeit zu der Antwort, die Sie für die Vollendung Ihres Angebotes benötigen.
Unsere Empfehlung: Wenn Ihnen eine Antwort angesichts der Angebotsfrist zu spät vorliegt, beantragen Sie unter Verweis auf § 20 Abs. 3 VgV eine Fristverlängerung.
Praxis-Beispiel - Wie Bieterfragen Ungenauigkeiten ausräumen
Beim Ausfüllen Ihres Angebotes stellen Sie fest, dass sich aus der Leistungsbeschreibung nicht eindeutig ergibt, ob Ihr Aufwand für die Lieferung der Beschaffungsgegenstände an den Übergabe-Ort nun mit in Ihre Gesamtkalkulation einfließen soll oder ob dies separat vergütet wird. In der Leistungsbeschreibung gibt es zwar einen optionalen Posten „Transportkosten“, aber in den Besonderen Vertragsbedingungen steht, dass die Lieferung stets „frei Haus“ zu erfolgen hat.
Räumen Sie diese Ungenauigkeit nicht aus, müssen Sie damit rechnen, dass vermutlich ein Teil der Konkurrenz entweder günstiger ist als Sie, weil sie es darauf ankommen lässt, dass die eingetragenen Transportkosten auch bezahlt werden. Oder Sie kalkulieren die Transportkosten nicht mit ein und müssen mit dem Risiko rechnen, dass die Lieferkosten zu Ihren Lasten gehen, sollten Sie den Zuschlag erhalten. Beide Konsequenzen sind unvorteilhaft für Sie. Den Sachverhalt sollten Sie daher mit einer Bieterfrage aufklären.
Das Gebot des Geheimwettbewerbs schützt Ihre Anonymität bei Bieterfragen
Der Kreis der Wettbewerber wird durch Ihre Bieterfrage nicht darüber informiert, dass Sie an der Ausschreibung teilnehmen wollen, oder gar, welche Fragen Sie bei der Ausschreibungsbearbeitung umtreiben.
Alle eingehenden Fragen werden von der Vergabestelle so zusammengefasst und anonymisiert beantwortet, dass man der Kommunikation mit den registrierten Bieter in aller Regel nicht entnehmen kann, wer welche Frage gestellt hat.
Andernfalls läge ein Verstoß gegen das Gebot des Geheimwettbewerbs vor, dem unverzüglich eine Rüge folgt. So ist sichergestellt, dass alle Bieter über die neuesten Informationen verfügen und dennoch keiner weiß, wer sich alles auf den Auftrag bewirbt.
Die Bieterkommunikation schreibt die Vergabeunterlagen fort
Schenken Sie den Bieterfragen-Katalogen - also den von der Vergabestelle gesammelten, umformulierten und beantworteten Fragen - immer Beachtung. Egal, ob Sie selbst eine Frage gestellt haben oder nicht. Denn sämtliche Fragen und Antworten gelten als Fortschreibung der Leistungsbeschreibung und sind eine Art „Update“. Das heißt, Sie können sich später nicht darauf berufen, dass etwas nicht in der Leistungsbeschreibung stand, wenn dies während der Angebotsphase Gegenstand des Bieterfragen-Kataloges war. Lesen Sie die Bieterfragen und -antworten aufmerksam und betrachten Sie diese stets als Aktualisierung der Vergabeunterlagen.
Praxis-Beispiel - Wie Bieterfragen die Leistungsbeschreibung verändern können
Eine Universitäts-Vergabestelle schreibt die Beschaffung von 5.000 Labor-Hühnerküken aus. Zum geforderten Geschlecht der Tiere gibt es in der Leistungsbeschreibung keinen Hinweis. Ein Bieter möchte dennoch wissen, ob die Universitätsklinik ein spezielles Geschlecht oder eine bestimmte Quote der Geschlechtermischung der Tiere wünscht. Die Vergabestelle antwortet, dass die Tiere möglichst zu 50 % männlich und zu 50 % weiblich sein sollen, aber eine Abweichung von 2,5 % in beide Richtungen toleriert wird.
Als Bieter müssen Sie nun den Weg gehen und alle Tiere einem DNA-Test unterziehen (das Geschlecht ist bei Hühnerküken nur schwer erkennbar). Oder aber Sie hoffen auf eine ausreichende natürliche Mischung. Ist der Test aufwändig und teuer und Sie wollen sichergehen, dass entweder der gesamte Markt oder keiner den Test macht, können Sie in Reaktion auf diese Bieterkommunikation natürlich auch noch eine präzisierende Bieterfrage stellen: Sie fragen, ob entsprechende Testergebnisse geliefert werden müssen oder eine natürliche Quote unterstellt werden darf. So ist sichergestellt, dass alle Angebote auf der gleichen Kalkulationsgrundlage beruhen und somit Ihre Wettbewerbsvorteile an anderer Stelle besser durchdringen.
Mit diesen Hintergrundinformationen ausgestattet, sind Sie gut vorbereitet für Ihre Angebotsabgabe im öffentlichen Sektor. Sie suchen noch passende Aufträge? Lassen Sie sich von der DTAD Plattform unterstützen: