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VERGABERECHTSREFORM: DAS „VERGABE­­TRANSFORMATIONS­­PAKET“

Am 27.11.2024 hat das Bundeskabinett das sogenannte „Vergabetransformationspaket“ beschlossen

Am 27.11.2024 hat das Bundeskabinett das sogenannte „Vergabetransformationspaket“ beschlossen. Das Reformpaket liegt seit 18. Oktober 2024 als Referentenentwurf vor und enthält zahlreiche Änderungsvorschläge zu den vergaberechtlichen Vorgaben – insbesondere zur Stärkung von innovativen und nachhaltigen Aspekten im Vergabeverfahren.

Zugleich sollen mit der Reform die öffentlichen Vergabeverfahren vereinfacht, professionalisiert, digitalisiert und beschleunigt werden. Die Gesetzgebungsentwürfe betreffen das gesamte Vergaberecht. Vorangegangen war eine groß angelegte öffentliche Konsultation zum angestrebten Umbau des Vergaberechts. Über 450 Stellungnahmen wurden eingereicht, die daraufhin in mehreren Gesprächsrunden erörtert wurden.

 

Mit dem Beschluss zum „Vergabetransformationspaket“ am 27.11.2024 hat das Bundeskabinett den Weg für eine umfassende Reform des Vergaberechts geebnet. Ziel ist es, öffentliche Vergabeverfahren zu vereinfachen, zu digitalisieren und zu beschleunigen – mit besonderem Fokus auf Innovation und Nachhaltigkeit.

Erfahren Sie in unserem aktuellen DTAD Magazin Beitrag, welche Ziele das Reformpaket verfolgt und welche Vorteile es für öffentliche Stellen sowie Bieter bietet.

WAS SIND DIE WESENTLICHEN ZIELE DES GESETZGEBUNGSPAKETS?

Das Gesetzgebungs-Paket soll die öffentliche Beschaffung vor allem in stärkerem Maße sozial, ökologisch und innovativ ausrichten. Knapp 200 Vorschläge zur Reform des gesamten Vergaberechts, Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) inklusive, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vorgelegt. Dabei sei insbesondere Wert auf die Vereinfachung der Vergabeverfahren und Abbau überschüssiger Bürokratie gelegt worden sowie auf einfach umsetzbare, praxisnahe Regelungen für eine nachhaltigere Beschaffung, so das Ministerium auf seiner Internetseite.

Ziel sei eine weitreichende Entlastung der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht unter anderem vor, dass

  • Nachweispflichten für Unternehmen deutlich gesenkt,
  • bürokratische Hürden abgebaut,
  • Gesamtvergaben etwa zum Zweck beschleunigter Transformations-, Infrastruktur- und Verteidigungsprojekte erleichtert,
  • die Wertgrenzen für erleichterte Vergabeverfahren angehoben und
  • Nachprüfungsverfahren digitalisiert werden.

Dadurch werden öffentliche Aufträge wieder attraktiver für die deutsche Wirtschaft und der Wettbewerb gestärkt.

WIE SOLLEN STARTUPS IN DER ÖFFENTLICHEN BESCHAFFUNG GESTÄRKT WERDEN?

Das Ministerium hebt weiter hervor, dass auch Innovationen in der öffentlichen Beschaffung gestärkt werden sollen. Gerade die Chancen von jungen, kleinen und mittleren Unternehmen sollen verbessert werden; sie sollen mit dem Entwurf zukünftig mehr Berücksichtigung bei öffentlichen Aufträgen finden. So sollen öffentliche Auftraggeber die besonderen Umstände von jungen Unternehmen bei der Auswahl der Kriterien und Nachweise für die Eignung der Unternehmen berücksichtigen.

Auch sollen Auftraggeber verpflichtet werden, alternative Eignungsnachweise zuzulassen, wenn junge Unternehmen die geforderten Eignungsnachweise nicht erbringen können. Damit sollen die Teilnahmemöglichkeiten von jungen Unternehmen an öffentlichen Aufträgen verbessert und dadurch der Wettbewerb in Vergabeverfahren gestärkt werden.

Nach dem Reformpaket sollen Auftraggeber künftig in den Vertragsunterlagen auch geeignete Zahlungsmodalitäten vereinbaren, welche die besonderen Umstände von jungen Unternehmen berücksichtigen. Dies könne etwa durch die Vereinbarung von Vorauszahlungen bei Auftragserteilung, von Abschlagszahlungen oder von kurzen Zahlungsfristen geschehen.

Für Verfahren nach der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) soll ein sogenannter Direktauftrag, also die Vergabe eines öffentlichen Auftrags ohne die Durchführung eines Vergabeverfahrens an ein Unternehmen, bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 100.000 Euro netto zulässig sein, wenn dieser Auftrag innovative Lösungen umfasst. Voraussetzung ist, dass der Auftrag an junge, kleine und mittlere Unternehmen oder an gemeinwohlorientierte Unternehmen vergeben wird.

WAS SIND WEITERE KERNANLIEGEN DER REFORM?

Ein Kernanliegen der Reform sieht vor, dass zukünftig soziale und umweltbezogene Kriterien bei den Vergabeverfahren im Regelfall berücksichtigt werden sollen.

Mit diesem Konzept soll die deutsche Wirtschaft im Wettbewerb um öffentliche Aufträge gestärkt und die Entwicklung grüner Leitmärkte, etwa bei Stahl und Zement gefördert werden. Angesichts der bislang eher zögerlichen Anwendung von nachhaltigen Kriterien im Vergabeverfahren sieht es das Reformpaket als „dringend geboten“ an, die sozial-ökologisch nachhaltige Beschaffung zu stärken und eine größere Klarheit und Verbindlichkeit für die Berücksichtigung von sozialen und umweltbezogenen Kriterien gesetzlich zu verankern.

WIE SOLL DIE ÖFFENTLICHE BESCHAFFUNG NACHHALTIGER WERDEN?

Das Reformpaket sieht für eine „nachhaltigere“ öffentliche Beschaffung ein dreistufiges Konzept vor:

1. Auf der ersten Stufe ist vorgesehen, dass Auftraggeber mindestens ein soziales oder ökologisches Kriterium im Rahmen der Leistungsbeschreibung oder, soweit im Einzelfall mit Blick auf den Auftragsgegenstand geeigneter, auf anderen Stufen des Vergabeverfahrens zu berücksichtigen haben. Nur im begründeten Ausnahmefall dürfen Auftraggeber hiervon abweichen.

2. Auf einer zweiten Stufe sind Auftraggeber ausnahmslos verpflichtet, mindestens ein umweltbezogenes Kriterium zu berücksichtigen, wenn es sich um eine umweltbezogen nachhaltige Beschaffung handelt (z.B. IT-Hardware, Papier), oder mindestens ein soziales Kriterium, wenn es sich um eine sozial nachhaltige Beschaffung handelt (z.B. Textilien, Kaffee).

3. Auf der dritten Stufe wird ein Beschaffungsverbot etabliert. Hiernach dürfen Auftraggeber bestimmte Leistungen nicht beschaffen (z.B. Einweggeschirr, Gas- Heizpilze, Baustoffe mit teilhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen). Nur ausnahmsweise ist dies zulässig, wenn es aus Gründen des öffentlichen Interesses dringend geboten ist.

WELCHE VORTEILE UND NACHTEILE ERGEBEN SICH FÜR ÖFFENTLICHE STELLEN UND BIETER?

Die Bundesregierung hat sich mit dem Vergabetransformationspaket auch die weitreichende Entlastung der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung auf die Fahnen geschrieben. Ob das gelingt, ist allerdings nicht sicher.

Zwar werden durch den Gesetzentwurf Nachweispflichten für Unternehmen gesenkt und teilweise bürokratische Hürden abgebaut. Auch die voranschreitende Digitalisierung ist zu begrüßen. Viele öffentliche Auftraggeber werden schließlich die erleichterte Möglichkeit, Gesamtvergaben durchzuführen und auf die Losaufteilung zu verzichten, gutheißen; auch die höheren Wertgrenzen für erleichterte Vergabeverfahren sorgen für mehr Flexibilität und erleichtern die zügige Durchführung von Beschaffungsmaßnahmen. Die Ausrichtung der Vergabeverfahren hin zu mehr Nachhaltigkeit bedeutet für die Auftraggeber in jedem Fall jedoch mehr Aufwand.

WAS BEDEUTET DER BESCHLUSS DES BUNDESKABINETTS FÜR DEN WETTBEWERB?

Für Startups dürfte es attraktiver werden, sich an öffentlichen Vergabeverfahren zu beteiligen. Die Erhöhung von Wertgrenzen etwa für Direktaufträge und Freihändige Vergaben liegt im Trend.

Aus Sicht der Auftraggeber ist sie ein probates Mittel für unaufwändigere und effizientere Beschaffungsprozesse. Unumstritten ist die Erhöhung der Wertgrenzen jedoch nicht. Die Transparenz der Auftragsvergabe und womöglich auch der Wettbewerb leiden, wenn vermehrt Direktvergaben durchgeführt werden.

Sollte die Erhöhung der Wertgrenzen für Direktaufträge – die viele Bundesländer bereits eingeführt haben – auch auf Bundesebene Wirklichkeit werden, müssen Bieter befürchten, dass Auftraggeber häufig auf bekannte und bewährte Unternehmen zurückgreifen und so nicht alle Unternehmen auf dem Markt zum Zuge kommen.

WAS SIND DIE HINTERGRÜNDE FÜR DAS VERGABETRANSFORMATIONS-PAKET?

Mit dem Vergabetransformationspaket setzt das BMWK den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag um und bringt entsprechend des Ziels der Wachstumsinitiative, Vergaberechtsvereinfachungen in allen relevanten Rechtsgrundlagen, auch im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, bei der Verwaltungsdigitalisierung und bei großen Infrastrukturen wie Netzen auf den Weg.

Reformbedarf mit Blick auf eine stärkere Nachhaltigkeit besteht jedenfalls: Im Jahr 2021 und im ersten Halbjahr 2022 wurden laut Vergabestatistik in nur etwa 12,5 % aller gemeldeten öffentlichen Aufträge nachhaltige Kriterien berücksichtigt.

WIE SIEHT DER ZEITPLAN FÜR DIE NÄCHSTEN SCHRITTE AUS?

Nach dem Aus der Ampel-Koalition ist es momentan ungewiss, ob und in welchem Umfang das Transformationspaket noch in dieser Legislaturperiode verwirklicht werden wird.

Am 27.11.2024 hat das Kabinett das Vergabetransformationspaket beschlossen; zuvor war der bis dahin noch nicht ressortabgestimmte Referentenentwurf in eine kurzfristige Länder- und Verbändebeteiligung vom 22.10. bis 28.10.2024 gegeben worden. In der Sitzungswoche des Bundestages vom 4. bis 6.12. wurde das Vorhaben nicht auf die Tagesordnung gesetzt.

Da das Vergabetransformationspaket als zustimmungspflichtig gilt, müssen zudem die Sitzungstermine des Bundesrats berücksichtigt werden. Das Gesetz zur Transformation des Vergaberechts soll am 20.12.2024 im Bundesrat beraten werden. Dass die Gesetzentwürfe tatsächlich beschlossen werden, erscheint derzeit äußerst fraglich.

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