MEHRERE WERTUNGSKRITERIEN: AUF DIE FORMEL KOMMT ES AN
Viele Urteile verschiedener Vergabekammern und Gerichte beschäftigen sich immer wieder mit der Preiswertung von Angeboten. Sobald die Vergabestelle zusätzliche Bewertungskriterien zum Preis aufstellt, muss sie die einzelnen Bewertungskomponenten miteinander in Bezug setzen und die Gesamtangebote vergleichbar machen. Dies geschieht in aller Regel durch Punktvergabe und anschließender Punkteauswertung nach mathematischen Verfahren. Diese haben es in sich. Oft führen sie zu vergaberechtswidriger Intransparenz und sind damit rechtlich angreifbar. Ich stelle Ihnen einige Berechnungsformeln vor und zeige Ihnen, was welche Methode für Sie als Bieter bedeutet.
Im Wesentlichen gibt es fünf mathematische Methoden, die bei Ausschreibungen zur Angebotsauswertung herangezogen werden:
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Die einfache (oder UFAB-) und
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die erweiterte Richtwertmethode,
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die gewichtete Richtwertmethode,
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die Interpolationsmethode sowie
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die UFAB-II-Methode.
Um Ihnen gleich die Angst vor zu viel Mathematik zu nehmen: Ich werde Ihnen die einzelnen Formeln hier nicht en détail vorstellen, dafür gibt es ganze Bücher, die sich intensiv mit der Materie beschäftigen. Für uns als Bieter ist eher entscheidend, dass wir wissen, welche Formel im konkreten Vergabeverfahren angewendet wird, welche Konsequenzen dies für unsere Angebotserstellung hat und ob die von der Vergabestelle gewählte Formel rechtlich angreifbar ist oder nicht.
Wenn die Formel den Gewinner kürt
Wenn Sie eine Ausschreibung mit mehreren Bewertungskriterien vor sich haben und sich mit der Angebotswertung beschäftigen, sollten Sie zunächst nach Hinweisen auf die Auswertungsmethode suchen. Ist nicht transparent gemacht, nach welcher Methode die Angebote ausgewertet werden, sollten Sie unbedingt eine Bieterfrage mit der Bitte um Aufklärung stellen. Ein kleines Beispiel soll Ihnen einen Eindruck geben, welche Auswirkungen die Formelwahl auf die Auswertung der Angebote hat.
Beispiel
Bei einer Ausschreibung mit mehreren Bewertungskriterien entscheidet sich die Vergabestelle dazu, die einzelnen Angebotspreise der Anbieter zueinander in Bezug zu setzen. Das heißt, es wird nicht jedes Angebot für sich in ein Preis-Leistungs(punkte)-Verhältnis gesetzt, sondern in Abhängigkeit von den Preisen der anderen Bieter gebracht. Die Vergabestelle kann nun verschiedene Methoden der Verhältnissetzung wählen, beispielsweise die lineare oder die Interpolationsmethode, auch hyperbolische Methode genannt. Bei der linearen Methode wird eine Umwandlung der Angebotspreise entsprechend der prozentualen Abweichung vom niedrigsten Angebot vorgenommen. Bei der Interpolationsmethode wird der beste Preis mit der Maximalpunktzahl (hier: 100 Punkte) für das Bewertungskriterium „Preis“ multipliziert und diese Zahl dann durch die folgenden Angebote dividiert. Die Unterschiede sind frappierend:
Selten vergaberechtskonform: Die Interpolationsmethode
Wie deutlich sichtbar ist, werden bei der Interpolationsmethode die Angebote nicht in einem adäquaten Preisabstand in Punkte umgewandelt. Einige Vergabekammern haben diese Formel daher als wettbewerbsverzerrend und gleichheitswidrig angeprangert, sie gilt als nicht vergaberechtskonform und ist somit in der Regel rechtlich angreifbar. Sollten Sie sich durch den Einsatz der Interpolationsmethode benachteiligt sehen – beispielsweise weil Sie davon ausgehen, den günstigsten Preis abgegeben zu haben – sollten Sie den Einsatz dieser Methode unbedingt rügen.
Führen wir den Fall einmal weiter, sehen wir umso besser, welch enorme Konsequenzen die Wahl der Formel hat. Wir stellen uns vor, dass der Preis in dieser Ausschreibung 40 % der Gesamt-Angebotswertung ausmacht. Weitere 100 Punkte werden für die beste Qualität (also wiederum 40 % der Gesamtwertungspunkte) und nochmals 50 Punkte für den besten Service vergeben. Die Art und Weise der Punktvergabe vollzieht sich nach transparenten und nachvollziehbaren Regeln. Die Konsequenz könnte sein:
Auf dem Vormarsch: Die einfache Richtwertmethode
Immerhin gibt es mittlerweile eine Methode, die von vielen Vergaberechtsexperten empfohlen wird und sich mehr und mehr in den Vergabeverfahren durchsetzt. Nachdem viele verschiedene Formeln und Methoden einmal in Mode waren, kehrt man heutzutage häufig zur sogenannten Einfachen Richtwertmethode zurück. Diese Formel hat die Vorteile, dass sie weder Teile der Angebote in Bezug zueinander setzt noch, dass sie zu komplex ist, um nachvollzogen werden zu können.
Das Vorgehen bei der Auswertung der Angebote nach der einfachen Richtwertmethode ist denkbar einfach: Die vergebenen Leistungspunkte für alle Bewertungskriterien abseits des Preises werden zusammengerechnet und dann durch den Angebotspreis geteilt: Z = L/P heißt die dazugehörige Formel. Die höchste Kennzahl erhält Platz 1. Wenn Sie diese Formel in der Leistungsbeschreibung entdecken, können Sie davon ausgehen, dass zumindest die von der Vergabestelle angesetzte Angebotswertung vergaberechtskonform und wenig angreifbar ist. Nehmen wir einmal das Beispiel von oben wieder auf und vergeben anhand der Einfachen Richtwertmethode:
Wie man sieht, bekommen wir schon wieder ein anderes Ergebnis in der Platzierung der einzelnen Bieter. Immerhin werden hier die kompletten Angebote zueinander in Bezug gebracht und nicht nur einzelne Teile wie der Preis ins jeweilige Verhältnis zu den anderen Bietern gesetzt. Die Methode ist gut nachvollziehbar und fair. Sie hat lediglich den einen Nachteil, dass Preis und Leistung immer in einem Verhältnis von je 50 % in die Vergabeauswertung einfließen, da ist an der Mathematik nicht zu rütteln. Bekommen Sie es also mit einer Ausschreibung zu tun, in der die einfache Richtwertmethode zum Einsatz kommt, aber der Preis in der Angebotsgewichtung mit etwas anderem als 50 % gewichtet wird, müssten sie davon ausgehen, dass die Vergabestelle den Einsatz der Formel nicht recht verstanden hat. Auch hier sei sicherheitshalber empfohlen, eine Bieterfrage zur Aufklärung zu stellen. Schließlich wissen Sie jetzt, wie wichtig ein nachvollziehbarer Formeleinsatz bei der Angebotswertung ist!
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