WENN VERGABESTELLEN ZU KURZE FRISTEN SETZEN - IHRE RECHTE ALS BIETER
Fristen sind in Vergabeverfahren gesetzlich festgelegt, um Bietern die Möglichkeit zu geben, in ausreichender Zeit ein attraktives und auskömmliches Angebot für die Vergabestellen zu erarbeiten. Dennoch werden Bieter bei Ausschreibungen immer wieder mit sehr kurzen Fristen konfrontiert.
Es erweckt den Anschein, als wollte die Vergabestelle damit einen Bieter bevorzugen, der sich dank besonderer Kenntnis der Sachlage bereits früher als seine Marktbegleiter auf die Ausschreibung vorbereiten konnte. Dieses Vorgehen widerspricht jedoch klar dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter.
Was sind die Fristen für EU-weite Ausschreibungen
Die Fristen für EU-weite Ausschreibungen im Zuge der Einführung des neuen Vergaberechts wurden wie folgt verkürzt:
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Die Angebotsfrist für das Offene Verfahren von 52 auf 35 Tage (§15 Abs. 2 VgV),
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Die Teilnahme- sowie die Angebotsfrist für das Nicht Offene Verfahren von 40 auf 30 Tage (§ 16 Abs. 2 VgV)
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Die Teilnahmefrist für das Verhandlungsverfahren von 37 auf 30 Tage (§ 17 Abs. 2 VgV).
Diese Fristen können jeweils um fünf weitere Tage verkürzt werden, wenn die Vergabestelle die elektronische Übermittlung der Angebote akzeptiert (§ 15 Abs. 3, § 16 Abs. 8, § 17 Abs. 9 VgV).
Da seit dem 14.04.2017 alle Angebote für EU-weite Ausschreibungen elektronisch eingereicht werden müssen, bedeutet dies de facto eine Verkürzung der Fristen um je fünf Tage.
Die Fristen betragen somit
- 30 Tage für das Offene Verfahren,
- 25 Tage für das Nicht Offene Verfahren sowie
- 25 Tage für das Verhandlungsverfahren.
Das bedeutet in der Konsequenz, dass die Fristen im Verhältnis zu der Zeit vor der Vergaberechtsreform um teilweise mehr als die Hälfte gekürzt wurden.
Zu berücksichtigen gilt: Die Behörden können die Frist unter gewissen Umständen sogar auf nur noch 15 Tage verkürzen. Dies geht laut Gesetz (§ 15 Abs. 3 VgV et al.) aber nur, wenn es:
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eine „hinreichend begründete Dringlichkeit“ für die Beschaffungsmaßnahme gibt,
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diese Dringlichkeit die Einhaltung der normalen Frist unmöglich macht.
Dieser Paragraph wahrt Ihr Interesse als Bieter.
Was können Bieter bei ungebührlich kurzen Fristen tun?
Wenn Sie auf eine Ausschreibung treffen, in der die Frist aus Gründen der Dringlichkeit auf 15 Tage verkürzt wurde, haben Sie das Recht, diese unterstellte Dringlichkeit mittels einer Bieterfrage zu beleuchten. Sollte Sie die Argumentation der Behörde nicht überzeugen, können Sie die Fristverkürzung rügen und letztendlich ein Nachprüfungsverfahren anstreben.
Davon abgesehen sollten Sie nie außer Acht lassen, dass die zitierten Fristen für die einzelnen Vergabearten lediglich Mindestfristen sind. Gem. § 20 VgV müssen die Fristen dem Verfahrensgegenstand stets angemessen sein. Dies ist ein sehr wichtiger Paragraph, auf dessen Basis Sie mehr Zeit für die Angebotserstellung einfordern können. Denn in Absatz 1 § 20 VgV heißt es, dass
„bei der Festlegung der Fristen […] die Komplexität der Leistung und die Zeit für die Ausarbeitung der Angebote angemessen zu berücksichtigen“
sind. Da Sie in der Regel besser als die Vergabestelle einschätzen können, wie hoch der Aufwand für die Angebotserstellung ist, können Sie mit Hinweis auf diesen Paragraphen ungebührlich kurzen Fristen entgegentreten. Versuche, Fristen ohne aussagekräftiger Begründung und zugunsten eines Bieters zu verkürzen, scheitern.
Ein Praxis-Beispiel
Eine Vergabestelle schreibt eine Leistung in einem Offenen Verfahren am 20.01.2018 aus und setzt eine Frist von 30 Tagen, da sie elektronisch eingereichte Angebote akzeptiert.
Hier ein Muster für eine mögliche Bieterfrage:
„[…] Gem. Bekanntmachung vom 20.01.2018 setzen Sie die Frist zur Einreichung der Angebote in dem Offenen Verfahren auf den 20.02.2018 fest. Da Sie mit dieser EU-weiten Ausschreibung eine komplexe Dienstleistung nachfragen, die einen nicht unerheblichen Aufwand bei der Angebotserstellung nach sich zieht, bitten wir um Verlängerung der Frist um 15 Kalendertage, um die Angemessenheit der Frist gem. § 20 Abs. 1 VgV zu gewährleisten. Bitte haben Sie für dieses Ansinnen Verständnis, da wir eine gewisse Zeit benötigen, um Ihnen ein optimal zusammengestelltes Angebot zukommen zu lassen.“
Im Unterschwellen-Bereich gelten im Übrigen keine starren Mindestfristen. Aber auch hier können Sie sich in der Regel darauf berufen, dass die festgelegten Fristen angemessen sein müssen. So hat § 13 der Unterschwellenvergabeverordnung (UVgO) die meisten inhaltlichen Elemente des § 20 VgV, noch dazu in großen Teilen wortwörtlich, übernommen.
Sie müssen also bei entsprechenden Bieterfragen in der Regel nur den Paragraphen (§13) und die Rechtsquelle (nach Inkrafttreten 2017 UVgO für Bundeseinrichtungen, entsprechende Gesetze zur Übernahme der UVgO in Landesrecht laufen bereits in einigen Bundesländern an) austauschen.
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